Der junge Mensch das unbekannte Wesen. Es passiert jeden Tag in Deutschland: arme junge Erwachsene werden von ihren Eltern unhöflichst von der Couch geschubst und mit den Worten bedroht „Hör auf zu gammeln und fang endlich mal was mit deinem Leben an! Du rutscht nur noch ab!“ Und deine Musik! Und deine Klamotten! Und deine Freunde! Und sowieso! Junge! Psychoterror der Alten. „Ey, chill mal dein Leben“ ruft es zurück. Und der Streit beginnt. Soweit so bekannt, Eltern und Kind Diskussion sind unfruchtbar – das hat die Natur so eingerichtet, denn das Individuum kann sich nur aus dem Kampf gegen seine Umwelt und mit sich selbst herausbilden.
Doch ist die Jugend wirklich faul oder nur unentschlossen und verunsichert? Auch gut gemeinte Freiheitsformeln haben ihre Folgen. Sie haben mir gesagt, ich kann werden was ich will. Und wenn ihr mich weiter in Watte einpackt kann ich mir zwar keine Schrammen holen werde aber auch nie eigene Erfahrungen sammeln. „Generation Maybe“ sei als weiterer Gedanke von Interesse genannt. Jürgen Werner sagt, wenn ein Mensch potentiell alles haben und vieles sein könnte, ist es nicht mehr entscheidend, ob es jetzt, später oder nie geschieht. Die andere Form der Fadheit stellt sich ein angesichts einer unausgesetzt wirkenden Nötigung, immer aufs Neue entscheiden zu müssen. Wenn nichts mehr festliegt, wenn alles zur Disposition steht, lassen wir entweder alles beim Alten oder verlieren die Orientierung und erliegen dem zuletzt betäubenden Wahn, soviel wie möglich testen zu müssen aus den Sonderangeboten des Nervenkitzel-Supermarktes. Dabei fehlt jeder Appetit nach Leben.
Auf der einen Seite haben wir das scheinbar antriebslose Individuum auf der Suche nach Lebensentwürfen und auf der anderen Seite aber auch immer mehr Unternehmen, die händeringend Auszubildende benötigen und Lebensentwürfe liefern können. Allerdings bemängeln sie die Qualität der Bewerber und machen oftmals die Schulbildung dafür verantwortlich. Die Schule ihrerseits kämpft gegen das Versagen des Elternhauses und das wiederum gegen die gesellschaftlichen Umstände usw. So schiebt jeder die Schuld auf den anderen, alle Beteiligten drehen sich im Kreis. So lange, bis dann einer mal auf die Idee kommt, die Sache anders anzugehen. Und so jemand ist Jochen Kiel.
Jochen Kiel ist als Berater/Trainer in Bremerhaven und dem Umland unterwegs und als Vater von zwei Kindern mit den Problemen des Alltags bestens vertraut. Um eine Brücke zwischen Schulabgängern und Betrieben zu bauen hat er das Projekt TALENTPOOL ins Leben gerufen. Schüler/innen der 10. Jahrgangsstufe und der gymnasialen Oberstufe haben die Chance, sich für die Teilnahme an einem 4-tägigen Workshop in den Sommer- oder Herbstferien zu bewerben, wo sie die persönliche berufliche Zielrichtung erarbeiten und zu ihnen passende Ausbildungsberufe kennenlernen können. Und für die beteiligten Unternehmen lohnt sich der TALENTPOOL ebenfalls: Sie finden schneller motivierte Teilnehmer für ihr Ausbildungsangebot. Die Projektträgerschaft liegt beim Netzwerk Schule, Wirtschaft und Wissenschaft für die Region Unterweser e.V.
Doch wo liegt der Schlüssel zum Erfolg, wie schafft Herr Kiel dass, was manchmal Elternhaus, Schule und die Agentur für Arbeit nicht schaffen: Junge Menschen zu erreichen? „Freiwilligkeit“, lautet die kurze und präzise Antwort des Beraters. „Es gibt immer einen Moment im Leben der jungen Erwachsenen an dem sie spüren, dass sie loslegen und etwas bewegen wollen. Oftmals werden diese leisen Signale aber von denjenigen die sie aufnehmen müssten überhört und so kommt schnell Frust auf. Der TALENTPOOL hilft Schulabgängern den Beruf finden, der zu ihnen passt, indem die Teilnehmer ihre eigene Persönlichkeitsstärken, Fähigkeiten und Interessen erkennen. Jeder hat Potenzial, man muss es nur entdecken und fördern!“
So wird in einer Welt der immer größer werdenden Zerstreuung und der zunehmenden Ablenkung eine Insel aus geregelten Abläufen zu einem lohnenswerten Ziel. Kaum jemand bringt einem bei, den Weg zu sich selbst zu finden, aber nur hier entdecken wir das Geheimnis, den Sinn. Und zu glauben, dass unsere Vorstellungen vom „richtigen“ Leben auch die unserer Kinder sind, erweist sich oftmals als grob fahrlässig. Jochen Kiel sagt: „Ich denke wir müssen lernen, immer wieder aufstehen zu können und Fehler als Lernerfahrung zu akzeptieren. Je mehr Blockaden wir aufbauen und je mehr Erklärungen wir dafür finden, warum etwas nicht geht, anstatt zu fragen wie etwas gehen könnte, desto schwerer fällt es jungen Menschen eine Vision für Ihr Leben zu entwickeln. Ich versuche mit dem TALENTPOOL Rahmenbedingungen zu schaffen, wo sich die Teilnehmer inspiriert fühlen um motiviert ihr Leben selbst zu gestalten.“ Der TALENTPOOL bietet somit nicht nur Chancen für den Berufseinstieg sondern auch Orientierung, Selbsterfahrung und Starthilfe das Sein selbst in die Hand zu nehmen.
Finanziell getragen wird das Projekt von den teilnehmenden Unternehmen, so dass das Angebot für Schüler kostenlos ist. „Wir wollen bewusst keinen Elite-Workshop anbieten, sondern jedem die Chance einräumen an seiner Zukunft zu arbeiten. Dazu sind wir natürlich auch auf der Suche nach weiteren Unternehmenspartnern, die interessiert an neuen Wegen sind, um an top Bewerber zu kommen.“, sagt der Initiator. 2014 geht das Projekt in die nächste Runde. Weitere Informationen, Anmeldung und Partneranfragen: www.jochenkiel.de. Unterstützt wird das Projekt von der Agentur für Arbeit Bremerhaven, dem Schulamt Bremerhaven, den Rotary Clubs in Bremerhaven und der Industrie- und Handelskammer Bremerhaven und den teilnehmenden Unternehmen.