Das Neue ist überall, die Bäume hängen voller Innovationsfrüchte, die Unternehmen müssten sie quasi doch nur noch pflücken – so einfach scheint die Situation oft für einen Außenstehenden. Doch wie kommt das Neue dann tatsächlich in die Welt? Vielleicht durch Mark Morrison, Innovationsberater in den Diensten der Zukunftsinstitut GmbH.
Das Faszinierende an der Veränderung ist, dass es so viele Wege zum Erfolg gibt. Ein Unternehmen kann sich der Fragestellung auf verschiedenen Ebenen nähern. Ein gedanklicher Ansatz: Man nehme die gesellschaftlichen und/oder kulturellen Trends und wende sie auf sein eigenes Geschäftsmodell an, um so neue Leistungen, Lösungen oder Produkte herauszuarbeiten. Was könnte die Welt und meine Kunden morgen interessieren, verfolgen wir aktuelle gesellschaftliche Veränderungen z.B. in Bezug auf Globalisierung, Healthstyle, Green Economy, Individualisierung oder den demographischen Wandel? Und, reden wir über „Megatrends“ so sind dies nicht bloß Modeerscheinungen auf dessen Pferd zu setzen unter Umständen nur einen kurzen Ritt verspricht. Megatrends sind weitreichende Veränderungen in der Gesellschaft, sie entwickeln sich langsam, aber verwandeln immer grundlegend und langfristig unser Umfeld.
Herr Morrison, Ihre Berufsbezeichnung empfand ich auf Anhieb als ansprechend, sie verheißt Action pur, stets neue Welten und sogar einen Hauch von futuristischem Glamour. Was macht ein „Innovationsberater“, wie kann man sich Ihren Beruf vorstellen und besteht Ihre Arbeit nur im Verweilen bei Möglichkeiten aus der nebulösen Glaskugel oder umfasst sie auch ganz „bodenständige“ Aufgaben?
Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zu diesem Interview. Ob „Innovationsberater“ oder „Projektmanager Innovation“, beide Titel umschreiben meine Tätigkeit gut. Letztendlich sind es jedoch nur Titel, die –da gebe ich Ihnen Recht- auch gewisse Erwartungen wecken können. Nichtsdestotrotz müssen diese Berufsbezeichnungen, wie bei jedem anderen Berufstätigen auch, mit Substanz gefüllt werden. Wir Menschen sind sozialisationsbedingt grundsätzlich sehr an ungewöhnlichen Titeln und besonders an Spannung verheißenden Themen wie der Innovation und der Zukunft interessiert. Dies habe ich mir in diesem Fall zu Nutze gemacht.
Zentrales Element meiner Tätigkeit am Zukunftsinstitut ist die enge Zusammenarbeit mit dem Kunden und der Fokus auf seine individuellen Bedürfnisse, um ihn auf dem Weg in das vermeintlich „Unbekannte“ zu unterstützen, zu beraten und ihm auf diesem Wege neue Innovationsimpulse zukommen zu lassen. Ganz konkret arbeiten wir am Zukunftsinstitut dabei mit 11 zentralen Megatrends die bildlich gesprochen als unsere Seismographen für zukünftige Entwicklungen und Trends dienen. Megatrends sind die Blockbuster des Wandels: Megatrends muss man nicht „voraussagen”, denn sie sind schon da und markieren Veränderungen, die uns schon lange prägen und auch noch lange prägen werden. Sie sind Tiefenströmungen des Wandels, die als Entwicklungskonstanten der globalen Gesellschaft mehrere Jahrzehnte umfassen. Ein Megatrend umfasst alle Ebenen der Gesellschaft: Wirtschaft und Politik, sowie Wissenschaft, Technik und Kultur. Aus diesem Grund ist es entscheidend, zu wissen, welche Chancen und Risiken in diesen Trendentwicklungen liegen. Wer heute Entscheidungen trifft, kommt um die Gestaltungseigenschaften der Megatrends nicht herum. Megatrends verändern die Welt – zwar langsam, dafür aber grundlegend und langfristig. Mit dem, von Ihnen Eingangs erwähnten, Verweilen bei Möglichkeiten aus der nebulösen Glaskugel hat dies somit wenig zu tun.
Innovationen? Klar, ein Muss für uns! Dass „das Neue“ für Unternehmen von Nöten ist um zukunftsfähig zu bleiben, ist jedem Unternehmer und Geschäftsführer drückend bewusst. Dennoch erfolgt die wirkliche Veränderung, wenn, nur schleppend. Wo sehen Sie die Hauptursachen für die große Unfähigkeit in der Weiterentwicklung und was hilft Ihnen bei der Bewältigung dieser Hürden in der Praxis, im Unternehmensalltag?
Hierbei ist der entscheidende Faktor ganz klar Angst. Angst vor Veränderung und Angst vor Fehlern. Wir Menschen neigen dazu Dinge gerne fixieren zu wollen und uns eine möglichst sorgenfreie Umgebung einzurichten in welcher der erreichte, als äußerst angenehm empfundene, Status Quo möglichst lange gewahrt werden soll. Dieses Verhalten und Denkmuster ist evolutionär erklärbar: Wenn wir dem Säbelzahntiger möglichst lange aus dem Weg gehen, wird er mich nicht fressen und ich werde überleben. Jedoch werde ich mich auf diesem Wege wohl kaum weit aus meiner Höhle wagen und somit auch nicht auf die Menschen eines anderen Stammes stoßen, welche Ihren Aktionsradius durch die Erfindung eines Speeres bereits beträchtlich erhöht haben. Der Speer steht in diesem plakativen Beispiel für die Innovation. Nur durch Sie kann ich meine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und gut gewappnet Zukunft aktiv beeinflussen. Angst ist bei Innovationsfragen nur hinderlich und muss daher überwunden werden. Wir versuchen den Unternehmen diese Angst zu nehmen indem wir Ihnen anhand unserer erwähnten Megatrends und konkreter Trendphänomene Licht ins Dunkel der, als scheinbar total unberechenbar wirkenden, Zukunft bringen.
Zudem ist ein weiterer entscheidender Faktor der wirkliche Wille zur Veränderung, gepaart mit der Reaktivierung von Kreativität. Unternehmen können noch so viele Workshops und Coachings belegen; diese werden alle nicht fruchten, wenn die internen Innovationsprozesse auf rein rationalen Aspekten basieren und konservative Strategien zum non plus ultra erhoben werden. Sprich: Das Bauchgefühl und hiermit einhergehend auch die Kreativität sind entscheidende Faktoren, wenn es darum geht Innovation wirklich zu leben. Wir sehen auf unseren Workshops immer wieder, dass Teilnehmer regelrecht aufblühen, weil Sie bei uns auf neutralem Boden nicht a priori den Stempel „unkreativ“ tragen.
Nun gibt es mannigfache Wege, Bücher, Spezialisten und schlaue Ratschläge das Neue in sein Unternehmen zu bringen. Welche Möglichkeiten, Methoden und Herangehensweise empfehlen Sie aus Ihrer Erfahrung heraus um sich dem Thema Innovation zu nähern: In Bezug auf die Findung und Entwicklung neuer Gedanken, dann auf die Prüfung der Ideen und letztendlich auch für die Umsetzung im Unternehmen?
Gehen Sie raus in das Leben und holen Sie sich die Inspiration direkt vor der Tür. Sie planen eine Innovation im Bereich des Einzelhandels, oder der Gastronomie? Schauen Sie sich genau an wie Menschen agieren – und dies ist entscheidend – weit weg von klinischen Studien und gänzlich ohne Zielgruppenbrille. Sie werden erstaunt sein, welche Details Ihnen auffallen werden. Viele Unternehmen haben den Fokus auf die „wahren“ Bedürfnisse der Konsumenten verloren und wundern sich dann, dass Produkte nicht so angenommen werden wie gedacht. So kann ich heutzutage ein modernes Automobil der oberen Mittelklasse mit allen erdenklichen technischen Funktionen ausstatten. Ob dieser technologische Overkill jedoch wirklich zielführend ist? Ich denke nein. Setzen Sie sich zum Vergleich in einen Wagen aus den 70er Jahren und Sie werden eine angenehme Leichtigkeit und Selbstbestimmung erfahren, die in vielen modernen Autos unter einem Mantel der Elektronik und des Komforts verhüllt ist. Verstehen Sie mich nicht falsch -technologischer Fortschritt ist unausweichlich und fördernswert – jedoch nicht nur um der Technologie Willen. Zusammengefasst: Stellen Sie den Menschen und seine Bedürfnisse, Wünsche und Ängste in den Vordergrund.
Ein weiterer wichtiger Aspekt zur Generierung neuer Ideen ist der Besuch von branchenfremden Messen oder die tiefergehende Beschäftigung mit unternehmensfremden Branchen aus denen sich Innovationsimpulse ableiten lassen. Ich geben Ihnen ein Beispiel: In Berlin gibt es einen Waschsalon in welchen ein Cafe integriert wurde – loungiges Verweilen bei Snacks und Kaffee in Kombination mit Textilpflege; eine optimale Verknüpfung von zwei Dienstleistungen unter einem Dach. In diesem Kreuzen von Branchen liegt ein immenses Potential, welches wir am Institut mit unserer Cross-Innovations Methode in zahlreichen Cross-Innovations Workshops bereits erfolgreich eingesetzt haben.
Angenommen die Innovationsmöglichkeiten sind auf dem Tisch, die Daten und Fakten gesammelt, und alles soweit durchdacht, wie man meint, es durchdenken zu können. Dennoch ist die Bewertung von Neuerungen schwierig, da es nie wirkliche Gewissheit darüber geben kann, ob etwas funktioniert oder nicht. Loslegen oder nicht? Gibt es ein besseres Mittel als das Bauchgefühl?
Das erste Bauchgefühl ist ganz klar ein starker Indikator dafür, ob eine Innovation Früchte tragen wird, oder nicht. Eine fundierte Recherche und die Auswertung von Daten und Fakten dienen dann der Absicherung dieses Bauchgefühls. Und eines ist klar: Innovationsarbeit hat auch, wie im Vorfeld bereits erwähnt, immer etwas mit Mut zu tun. Angst ist kein guter Begleiter. Also: Die Zukunft gehört den Mutigen!
Sie sind tätig für das Zukunftsinstitut, welches sich zur Aufgabe gemacht hat strategisches Wissen für die Wirtschaft von morgen zu vermitteln. Welche Trends sind aus Ihrer Sicht für Mittelständische Unternehmen die beachtenswertesten? Mit welcher Aufgabenstellung sollte ich mich heute schon befassen um morgen noch kraftvoll zubeißen zu können?
Die großen Treiber des Wandels sind die bereits erwähnten Megatrends mit denen unser Institut arbeitet. An dieser Stelle seien beispielhaft 2 aufgegriffen. Neo-Ökologie ist einer dieser Megatrends. Er beschreibt die zunehmende Relevanz von Nachhaltigkeit und Ressourceneffizienz. So weist die zunehmende Ausbreitung der Trendphänomene „urban gardening“ und „urban farming“ darauf hin, dass die Menschen wirklich an einer lokalen, umweltschonenderen Art und Weise der Nahrungsmittelproduktion interessiert sind. Der Balkon wird beim „urban gardening“ durch eine wachsende Anzahl von Großstädtern sprichwörtlich zum Gemüseregal umfunktioniert und die eigenen Kartoffeln werden im Zuge des „urban farming“ aus dem Schrebergarten am Stadtrand bezogen.
Ein weiterer Megatrend mit enormem wirtschaftlichen Potential ist die „Silver Society“. Dieser Terminus beschreibt den unausweichlichen demografischen Wandel in Deutschland und Europa. Die Alterung der Gesellschaft ist jedoch längst nicht mehr mit der bis dato vorherrschenden Schreckensvision der sprunghaften Zunahme von lethargischen Seniorenschwärmen und Pflegebedürftigen in Einklang zu bringen. Die Rentner der Zukunft sind selbstbestimmte, aktive Geister, welche durch spezielle „Seniorenangebote“ eher abgeschreckt werden. Sie wollen auf Augenhöhe angesprochen werden und verstehen sich als aktiver Bestandteil unserer Gesellschaft. Unternehmen und Services, die diesen Umstand berücksichtigen können nur gewinnen.
Was erscheint Ihnen abschließend erwähnenswert rund um die Fragestellung „Wie kommt das Neue in die Welt“?
Ich kann die Leser dieses Blogs nur dazu aufrufen mit offen Augen durch das Leben zu gehen und sich im Alltag immer mal wieder zu erlauben ein bisschen Kind zu sein. Kindliche Phantasie, frei von jeglichen erlernten Beschränkungen, ist der Grundstein für Innovation. Also, lassen Sie Ihrer Phantasie freien Lauf! Sie werden erstaunt sein, wohin sie Sie führen wird.
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