„Like a Boss – Wie man Chef des eigenen Lebens wird.“, lautete der Titel meines Kurzvortrags an der Waldschule Hagen-Beverstedt über Chancen im Leben, Entscheidungsfindungen und Möglichkeiten ein Leben nach den eigenen Vorstellungen zu leben. Zuhörer waren Schülerinnen und Schüler des aktuellen Abiturjahrgangs. Nach dem Vortrag fand sich die Zeit für ein Interview mit der Schülerzeitung „Eulenpost“. Die Fragen stellten mir Lukas Bothe und Felix Ullrich und die Originalausgabe kann sich hier heruntergeladen werden. Die Veröffentlichung auf meinem Blog erfolgt mit freundlicher Genehmigung.
Am 28. Januar dieses Jahres fand an unserer Schule der „Markt der Möglichkeiten“ statt. Er sollte für die Oberstufenschüler eine Orientierungshilfe bieten und ihnen helfen mögliche zukünftige Arbeitgeber kennenzulernen. Zugleich wurde den Arbeitgebern die Möglichkeit geboten, neue Mitarbeiter anzuwerben und bei den Schülern das Interesse am eigenen Unternehmen zu wecken. Im Rahmen des „Marktes der Möglichkeiten“ wurden diverse Vorträge hauptsächlich von Unternehmensvertretern, die ihre Unternehmen vorstellten, aber auch von Lehrern und ehemalige Schülern der Waldschule gehalten. Außerdem wurde im Kunstraum eine Art Markt aufgebaut, an dessen Ständen sich die Schüler persönlich mit verschiedenen Referenten unterhalten konnten.
Der wohl einzige Unternehmensvertreter, der an diesem Tag nicht darauf aus war, neue Mitarbeiter anzuwerben, war der Mitbegründer und Geschäftsführer der BKM Medien GmbH & Co. KG Heiko Kleinhanns. Der Unternehmensberater hielt Vorträge über sogenannte „nicht-lineare Lebensläufe“. Wir haben ein Interview mit ihm geführt.
Eulenpost: Wie kam es eigentlich dazu, dass Sie einen Vortrag über nicht-lineare Lebensläufe auf unserem „Markt der Möglichkeiten“ gehalten haben?
Heiko Kleinhanns: Ich habe eine Anfrage von Herrn Fierek bekommen, der wiederum meine Adresse vom „Netzwerk Schule Wirtschaft“ hatte. Die Frage war, ob ich nicht meine Firma vorstellen möchte. Zuerst hatte ich abgesagt, weil wir keine Auszubildenden haben und danach, circa eine Stunde später, habe ich ihn trotzdem noch einmal angerufen gesagt: „Doch! Ich mache mit!“ Ich habe zwar keinen Ausbildungsplatz zu bieten, aber vielleicht könnte ich mich einbringen und einfach mal ein bisschen erzählen, wie so mein Lebenslauf vonstatten gegangen ist.
E: Was ist ein nicht-linearer Lebenslauf?
HK: Man lernt und tut vieles, um einen gewissen Weg zu gehen, um ein Ziel zu erreichen. Das fängt an mit einer geordneten Schullaufbahn, dann geht es weiter mit einer geordneten Ausbildung und/oder einem geordneten Studium und endet dann in einer geordneten Festanstellung; danach geht es in die Rente. So ist das gedacht, aber heutzutage funktioniert das nicht mehr ganz so. Es gibt keine Garantie mehr dafür, dass es das, was ich heute anfange, später überhaupt noch gibt. Nicht-linear ist, dass man wirklich nach rechts und links ausscheren muss, wenn die Situation das erfordert.
E: Das heißt, Sie sind selbst auch nicht auf einem linearen Weg zu Ihrem jetzigen Beruf gekommen?
HK: Nein, es war immer ein Zick-Zack-Kurs von verschiedenen Dingen.
E: Wurde Ihnen früher oft gesagt, Sie müssen sich bald entscheiden, wenn etwas aus Ihnen werden solle?
HK: Selbstverständlich. Man muss wissen, dass die Menschen um einen herum es immer gut mit einem meinen. Eigentlich will einem keiner etwas Schlechtes: Die Eltern wollen einem nichts Schlechtes, die Lehrer wollen einem nichts Schlechtes und die Freunde wollen einem nichts Schlechtes. Aber der Mensch ist nun mal ein Sicherheitstier. Er möchte lieber da bleiben, wo er alles kennt, und gar nicht so richtig rauskommen. Das ist das Problem, wenn man sich dann entschließt, etwas anderes zu machen. Natürlich melden viele erst einmal Zweifel an und sagen: „Mensch, hast du dir das auch wirklich gut überlegt, denk’ doch noch einmal darüber nach.“ Das muss auch so sein, dennoch sollte man letztendlich auf sein Inneres hören und tun, was man für richtig hält. An jedem Eckpunkt meines Lebens gab es immer mehr Leute, die gesagt haben: „Oh, mach das man lieber nicht!“ statt: „Oh, mach das mal.“
E: Das kennt man. Sie haben sich dann entschieden, Drucker zu werden. Wie sind Sie darauf gekommen?
HK: Ich wollte eine Ausbildung machen und hatte verschiedene Möglichkeiten: Die klassischen Ausbildungsberufe waren Bürokaufmann, Bankkaufmann oder Speditionskaufmann. Dann habe ich eine Stellenanzeige in der Zeitung gesehen, dass ein Druckerazubi gesucht wird. Darunter konnte ich mir aber nichts vorstellen und habe also erst einmal geguckt, was ein Drucker macht. Das war nicht schlecht. Danach habe ich geschaut, was ein Drucker verdient. Das war sehr gut. Ich dachte mir: „Mensch, das hört sich gut an. Dann mache ich mal eine Ausbildung zum Drucker.“
E: Was fasziniert Sie heute am Beruf des Unternehmensberaters?
HK: Mich fasziniert, dass man Probleme lösen kann. Ich bin jemand, der sehr gerne Probleme an sich nimmt, um sie zu lösen. Es interessiert mich, wenn man irgendwo nicht weiter kommt, wie der wirkliche Kern des Problems ist. Man kennt das ja: Manchmal hat jemand irgendwo Streit und es stellt sich heraus, es geht gar nicht um die gerade diskutierte Sache, sondern um etwas ganz anderes. Herauszufinden, was die Ursache ist und wie man daran arbeiten kann, ist so eine Art Schatzsuche. Hat man ihn nämlich einmal gefunden, kann man auch gleich viel zielgerichteter arbeiten.
E: Ist das Ihr Traumberuf?
HK: Ja, auf jeden Fall.
E: Sie haben erzählt, dass Sie sich mit dem Thema „Wie kommt das Neue in die Welt?“ beschäftigen. Worum geht es dabei?
HK: „Wie kommt das Neue in die Welt?“ ist die Frage, ob und wie das, womit man sich täglich beschäftigt auch in der Zukunft noch Bestand haben wird oder ob man neue Wege einschlagen muss. Dieses Problem haben nicht nur Schüler oder Abiturienten, sondern auch Unternehmen. Und ich helfe dann dabei, das Neue in die Welt zu bringen (neue Produkte, neue Dienstleistungen).
E: Gibt es auf diese Frage auch eine Antwort?
HK: Ja, das Neue entsteht im Kopf. Das Denken ist das einzige, was wirklich bewegt werden kann. Das ist die große Kunst, es hört sich zwar ganz einfach an, ist aber sehr schwierig.
E: Dann kommen wir jetzt noch einmal auf Ihren Lebenslauf zurück. Sie haben ja erst etwas anderes gemacht und waren Drucker. Bereuen Sie, dass Sie Ihren Traumberuf nicht auf dem direkten Weg gefunden zu haben?
HK: Nein, auf keinen Fall. Denn man muss wissen, dass man immer die Summe der ganzen Erfahrungen ist, die im Laufe des Lebens gesammelt wurden. Wären diese Erfahrungen, seien es gute, schlechte, schwierige oder einfache, nicht da, hätte man nicht das Wissen, um jetzt alles so zu machen, wie man es macht. Deshalb müssen diese Erfahrungen gemacht werden. So lernt man, wie es ist, wenn mal etwas gut läuft, und wie es ist, wenn mal etwas schlecht läuft. Diese Wege bilden letztendlich die Persönlichkeit, daher ist es wichtig, alles Gute und Schlechte erlebt zu haben.
E: Ist dieser indirekte Weg die bessere Wahl oder eher eine Notlösung?
HK: Es gibt keinen schlechten Weg. Jeder Weg ist gut, egal ob er funktioniert oder nicht. So sehe ich das, sonst ärgert man sich zu viel. Niemand kann in die Zukunft blicken; das heißt, ich kann nicht genau wissen, wenn ich mich zu etwas entschließe, ob das in fünf Jahren noch Bestand hat.
E: Wann sollte man seinen Traumberuf gefunden haben? Man kann leider nicht mehr mit jedem beliebigen Alter jeden beliebigen Beruf ergreifen und man wird nicht mehr eingestellt.
HK: Ich glaube, das hat etwas mit der eigenen Persönlichkeit zu tun. Es gibt viele Leute, die mit sechzig oder siebzig Jahren noch ein eigenes Unternehmen gründen. Man kann sich also auch im relativ hohen Alter noch selbst neu erfinden. Es ist wichtig, dass man selbst genug Power dafür hat.
E: Ist ein Jahr Work &Travel ein Mittelweg zwischen dem direkten und dem indirekten Weg, um Erfahrungen zu sammeln?
HK: Es kommt darauf an, warum ich so etwas mache. Wenn ich das mache, weil mir nichts Besseres einfällt und ich nur irgendetwas machen will, dann ist es verschenkte Zeit. Wenn ich aber denke, das bringt mich nach vorne, dann ist das auf jeden Fall ein Gewinn. Auslandsreisen und Reisen allgemein sind wichtig, weil man mit ganz neuen Dingen gefüttert wird, mit Wissen, mit Sachen, die man kennenlernt, die einem später sehr viel helfen.
E: Sie sagen, Sie fänden „Gärten in der Wüste“. Was hat es damit auf sich?
HK: Das hat für Unternehmen oder für Personen die Bedeutung, dass viele nicht wissen, was sie können oder wohin sie wollen. Sie sind irgendwo und wissen nicht so richtig, was sie tun können, was sie gut können. Ich arbeite dann mit ihnen daran, einen Aufhänger zu finden und viele sagen danach: „Ach, Mensch, das ist mal eine Idee. Damit kann ich etwas anfangen.“ Diese Schatztruhe zu finden, ist so, als wenn man in einer Wüste einen Garten findet.
E: Kann ein nicht-linearer Lebenslauf helfen, sein eigenes Talent zu finden?
HK: Ja, auf jeden Fall. Aber es ist auch nichts Negatives gegen lineare Lebensläufe zu sagen. Das ist schön, wenn das so funktioniert. Der Vorteil von nicht-linearen Lebensläufen ist dennoch, dass ich sehr viel Wissen und neue Erfahrungen mitnehme, die mir dann wiederum helfen, wenn ich mich um ein Studium oder einen Arbeitsplatz bewerbe.
E: Sollte man danach seine Berufswahl richten?
HK: Eine schwierige Frage, denn manchmal kommen die wichtigen Dinge erst, wenn bereits eine Entscheidung getroffen wurde. In dem Moment, in dem du eine Entscheidung getroffen hast, für einen Ausbildungsberuf oder sonst irgendetwas, fängt die Reise erst an. Anschließend kommen erst diese ganzen Schlängelungen zum Tragen. Ansonsten besteht die Gefahr, dass man nichts tut. Und das ist das Schlimmste, was man machen kann, dass man nur noch gegrübelt, aber nichts mehr tut. Deswegen ist es manchmal besser eine Entscheidung zu treffen, auch wenn sie noch nicht perfekt ist und dann erst einmal zu sehen: „Mensch, ich bin jetzt in Bewegung und irgendwo werde ich schon ankommen.“
E: Was ist ihr Lebensziel?
HK: Mein Lebensziel ist das, was ich heute mache, nämlich Vorträge und Beratung nur noch ausschließlich zu machen und das praktisch durchgehend.
E: Ist so ein Ziel wichtig für den beruflichen Erfolg?
HK: Ich finde, dass Ziele in allen Lebensbereichen wichtig sind. Dazu gehören die Bereiche Beruf, Gesundheit, Familie, Beziehung und auch das Geld. Das sind alles Dinge wo man lernt, wenn man sich Ziele gesetzt hat, dass diese einfacher zu erreichen sind.
E: Und wenn sie unseren Lesern zum Schluss eine wichtige Sache mitgeben wollen, welche wäre das?
HK: Verschwendet die Zeit nicht mit Grübeln, sondern legt eher los und dann wird sich der Rest schon finden.
E: Vielen Dank für das Interview.